Forschung im Farrenwiesschacht 2021

Der Farrenwiesschacht bei Justingen (Kat.-Nr. 7524/121)
2021

2021:

Nach der Erstbefahrung auf 98 Meter Tiefe Anfang August 2020 war es erst mal wieder etwas ruhiger um den Farrenwiesschacht geworden – standen andere Projekte des Vereins wie der Steebschacht mit dem Vorstoß bis an die Blau oder aber auch die Wiederinbetriebnahme der Messstationen in der Vetterhöhle auf der Agenda.

Doch der Farrenwiesschacht geriet nicht in Vergessenheit. So wurde während einer Forschungswoche Ende August 2021 fast täglich tief unten in der Erde weitergeforscht.

Hinter einem großen Felsen mit fast einem Kubikmeter Volumen schien es weiterzugehen, deutete dort doch Knöpfchensinter darauf hin, dass hier ein ständiger Luftzug vorhanden sein muss. Man beschloss also, den Felsen aus dem Weg zu räumen: Hierfür wurde das Stromkabel für schwere Gerätschaften von minus 50 Meter auf minus 98 Meter verlängert. Ebenso wurde eine Kommunikationsleitung bis auf den Schachtboden gelegt, so dass man im Notfall über die sogenannten Heultelefone Sprechkontakt mit dem Bauwagen an der Oberfläche aufnehmen kann.

Dem großen Felsen wurde dann mit Spaltkeilen der Garaus gemacht und tatsächlich tat sich dahinter ein niedriger, befahrbarer Gang auf. Dieser wiederum gab ein Loch weiter nach unten preis, durch das man kopfüber in einen schneeweiß versinterten Gang blicken kann. Die Tiefe jenseits der 100 Meter ist damit auf jeden Fall erreicht.

Aufgrund des Höhlenschutzes entschied man sich aber dafür, diese Fortsetzung nicht weiter zu ergraben, da der Gang wieder unter den Hauptschacht zieht und einfach zu schön ist, um ihn durch Erweiterungsarbeiten leichtfertig aufs Spiel zu setzen. Stattdessen musste ein Verbau gesetzt werden, der den Versturz des Hauptschachtes in Zaum halten soll, um so besser in die Tiefe zu kommen. Leitplanken und Winkeleisen mussten für diesen Verbau nach unten transportiert werden, was kein leichtes Unterfangen ist.

Das ist der aktuelle Stand des Farrenwiesschachtes: es wird weiter senkrecht nach unten gegraben, in der Hoffnung, unter dem Versturz durch zu kommen und hoffentlich bald horizontale Erweiterungen der Höhle zu finden. Das große Problem ist das ausgegrabene Material. Dieses kann man nicht einfach 100 Meter nach oben schaffen, es muss aufwendig verbaut werden, was bei dem geringen Platzangebot im unteren Bereich des Farrenwiesschachtes gar nicht leicht ist…

Abb.: Bei knapp 100 Meter Tiefe musste ein neuer Verbau erstellt werden, um den Abraum der Grabung dahinter zu verstauen.
(Foto: Leonie Grön Assistenz: Christian Metter, Axel Nothardt)

Es bleibt also spannend, wie und ob es unten im Farrenwiesschacht weiter geht!

 

 Am 18.12 und 20.12.2021 gab es am Farrenwiesschacht noch ein verfrühtes Weihnachtsgeschenk:

 Bei einer Arbeitseinsatztour tat sich am derzeit tiefsten Punkt im Schacht bei 98 Meter ein Durchschlupf auf, durch den die Höhlenforscherin Leonie Grön gerade so hindurchpasste.

 Neben viel Lehm und Versturzblöcken hat sich ein ca. 5 Meter langer Gang mit schön ausgeformten Gangprofil eröffnet. Dieser mündet wiederum in einen ca. 4 Meter tiefen Schacht. Gegenüber vom Schacht verläuft der Gang in eine Kammer bzw. in einen Kamin, welcher durch und durch mit schneeweißem, fast durchsichtigem Sinter gefüllt ist! Eine unbeschreibliche Augenweide!

 Hier war für die Forscherin vorerst Schluss, da der Schacht ohne Seil nicht befahrbar war.

 Am 20.12.2021 erweiterten Thomas Boldt und Hannes Hesse den neuen Durchschlupf, der nun leichter befahrbar ist. Ein Seil wurde in den Schacht eingebaut und der untere Teil erkundet.


     Abb.: Thomas im noch nicht erweiterten Durchschlupf...ein Zurückkommen war hier nur mit
     ausgeatmeter Lunge zu bewerkstelligen!                      
     (Foto: Hannes Hesse, Assistenz: Thomas Boldt)

Im Gang selber findet man endlich ein stetig fließendes Gerinne – nicht viel, aber immerhin!

Durch einer 5 – 10 cm schmalen Spalte an der NO Wand des Schachtes kann man in ein sich dahinter befindliches, unberührtes Reich blicken: drei bis vier Meter hohe Tropfsteinwände aus schneeweißem Sinter lassen einem die Tränen rollen – vor lauter Schönheit und Ehrfurcht. Ein sichtbares Ende dieses Traumes ist nicht direkt einsehbar…

  Am Fuß der schmalen Spalte hat sich ein kleiner Sintersee gebildet, in dem Calzitkristalle langsam vor sich hinwachsen. Auch der nachfolgende Boden der  Kammer hinter der Spalte ist über und über mit Kristallen überzogen – leuchtet man mit der Helmlampe hinein, funkelt es mystisch zurück.
Am Schachtende zweigen zwei gerade noch befahrbare Gänge ab: Einer, der nach unten zieht, bis er fast vollständig zugesintert ist. Dort läuft das Wasser ab. Und ein weiterer Gang, der mit Knöpfchensinter versehen ist und aus dem auch ein spürbarer Luftzug kommt. Leider ist dieser Gang noch zu eng für eine sichere Befahrung zumal an dessen vermutlichem Ende ein weiterer Schacht nach unten ziehen zu scheint – Eine mögliche Fortsetzung!?

     Abb.: Der Schacht am Gangende mit seiner schmalen, noch nicht "lange" aufkorodierten Spalte
     durch die man den dahinter schneeweißen Sinter erahnen kann!
     (Foto: Thomas Boldt)

Eine Vermessungstour (Thomas Boldt, Stephan Engelhard, Marc Krömer, Klaus Sontheimer)  am 4.1.2022 brachte Aufschluss über die neu erreichte Tiefe des Farrenwiesschachtes: Sage und schreibe 108 Meter tief sind die Forscher bis jetzt vorgedrungen!

[Stand: Feb. 2023]